Ein Gutachten verhindert Steuereinnahmen und die freie Kultur auf der Freilichtbühne
Der Kulturausschuss der Stadt Augsburg hat sich gegen eine über das Theater hinausgehende Nutzung der Freilichtbühne am Roten Tor entschieden – einstimmig. Grundlage der Entscheidung war ein Rechtsgutachten. Musste es dazu kommen? Oder kommt bei einem Gutachten auch das heraus was der Auftraggeber bestellt? Wir sprechen der Stadtverwaltung und dem Kulturreferat mit dem Kulturreferenten Thomas Weitzel an der Spitze Mut und Gestaltungswillen bei der Suche nach Lösungen ab. Das Stadttheater als alleinigen Nutzer einer solchen Spielstätte per „Basta Politik“ zu erhöhen ist für uns im Hinblick auf den Bedeutungsverlust des Theaters nicht akzeptabel. Das Gegenteil müsste – nachdem die Theatersanierung beschlossen wurde – eigentlich der Fall sein. Dieser Ort muss aus Sicht der Club & Kulturkommission für alle Bürger dieser Stadt zur Verfügung stehen. Hier wurde nur Rückwärts gedacht und nun soll die Diskussion für immer beendet werden. Ein gemeinsames Suchen nach Lösungen z.B. in Form von runden Tischen fand nicht statt.
Zurück zum teuren Gutachten: Nun bilden Rechtsgutachten nur eine, wenn auch fachlich begründete, Meinung ab. Allerdings muß man hier erneut festhalten, daß die Stadt Augsburg sich hier im Bereich der Kasuistik bewegt und das alte Spiel „was wäre wenn?“ betreibt – und das ohne Not. Noch liegt keine Klage eines Anwohners vor, noch ist nicht gesagt, daß ein Gericht im Sinne eines klagenden Anwohners entscheidet. Somit begibt man sich in eine merkwürdige Position des vorauseilenden Gehorsams. Diese Haltung hat natürlich den Charme, daß die Position der Stadt und ihres Theaterbetriebes eine scheinbar rechtliche Grundlage aufweist – wobei der Ausgang von einem „Gewohnheitsrecht“ mit Blick auf die Geschichte der Freilichtbühne auch von den freien Veranstaltern reklamiert werden kann. Das ließe sich soweit führen, bestimmte Veranstalter in dieses Gewohnheitsrecht einzuschließen, andere jedoch nicht. Schließlich geht die nicht ausschließliche Nutzung der Bühne mehrere Jahrzehnte, mindestens bis in die 1970er Jahre zurück. So könnten auch an dieser Stelle „neue“ Veranstalter an die Stadt herantreten und „Skandal!“ rufen. Letztlich steht die Argumentation auf tönernen Füßen, führt aber dazu, daß die leidlich profitablen Shows auf der Freilichtbühne den tief defizitären Theaterbetrieb querfinanzieren. Dafür werden unsubventionierte, dazu steuerzahlende Akteure herausgedrängt. Inwiefern hier das Argument der Gemeinnützigkeit – außerhalb rein juristischer Diktion – greifen kann, bleibt fraglich. Schließlich sind freie Veranstalter daran gebunden, schwarze Zahlen zu schreiben, um Arbeitsplätze schaffen und erhalten zu können und ihrer Steuerpflicht nachzukommen. Das ist an erfolgreiche Ticketverkäufe gekoppelt, die über breit akzeptierte kulturelle Veranstaltungen generiert werden. Gerade die Behauptung der Stadt, die Vorstellungen in der Freilichtbühne gehörten zu den Höhepunkten des städtischen Veranstaltungskalenders, ist vor diesem Hintergrund eine Behauptung die wir nicht teilen.
Weiterhin wird als Argument angeführt, daß es fraglich sei, ob eine Vermietung des Areals mit der Satzung des Theaters als gemeinnütziger Einrichtung vereinbar sei: hier ist bereits der Zeitpunkt dieser Frage erstaunlich, hat man doch über Jahrzehnte kein Problem in dieser Praxis gesehen. Jetzt wird auf einmal angenommen, es handelt sich um eine private gemeindliche Einrichtung, ohne Ansprüche des Zugriffs von außen auf die Bühne. Für die Veranstaltungen des Stadttheaters gibt es jeweils Verkehrssperrungen. Der Verkehr wird durch die Wohngebiete geleitet. Dies ist natürlich mit erheblichen Lärmbelästigung für die dort ansässigen Bürger verbunden. In Zeiten des Gebrauchs moderner elektronischer Verstärkung ist diese Maßnahme schlicht unnötig. Diese Lärmbelästigung ist wie das bei den Events des Theaters abgefeuerte Feuerwerk vermeidbar. Nur wenn es um die zulässigen Tage für Veranstaltungen geht schaut das Kulturreferat ganz genau hin und verhindert so mehr Kultur in Augsburg.
Ein Umdenken der Stadt in dieser Angelegenheit ist nicht mehr zu erwarten, dennoch sollte über die Gesamtsituation nochmals (öffentlich) nachgedacht werden – eventuell mit juristischer Kompetenz und einem neuen Gutachten, das von Veranstalterseite beauftragt wird.
Zu guter Letzt ist noch anzuführen, daß die Alternative der Stadt, die in Aussicht gestellte Nutzung des Gaswerkareals, keinen wirklichen Ersatz bilden kann. Hier liegt noch kein Zeitplan vor und auch hier vorhandene Nachbarn lassen ein erneutes Gutachten nicht unwahrscheinlich erscheinen. Das Gaswerk ist bis jetzt ein großes nicht eingelöstes Versprechen. So sollte der Kulturparkwest und auch der Musikclub „Kantine“ dort hin ziehen. Viele Jahre nach einer Bürgerbeteiligung, Zukunftswerkstatt und Planerwerkstatt lässt sich noch immer kein klares Profil des künftigen Areals erkennen. Von der Aufbruchsstimmung die es vor Jahren gab ist nichts übrig geblieben. Ob überhaupt und wann dort einmal Open Air Konzerte stattfinden können ist ungewiss. Sollte es so kommen: Das Stadttheater könnte dort auch kommerzielle Musicals aufführen und der freien Szene ein paar Termine auf der Freilichtbühne überlassen.
Fazit: Die Freilichtbühne bringt eine paradoxe Situation hervor. Ein Kulturreferent der der mit seinem Referat Kultur verhindert anstelle Kultur zu fördern. Wünschenswert wäre für die Zukunft, das dieses Thema im Rahmen einer Bürgerbeteiligung wieder diskutiert wird und sofern sich keine Lösung finden lässt in direkter Demokratie (Ratsbegehren oder Bürgerbegehren) darüber abgestimmt wird.
Der Verein Club & Kulturkommission Augsburg e.V.